Montag, 7. Februar 2011

Die Hoffnung meiner Welt I

MOTTO: "UNSER GLAUBE IST DER SIEG, DER DIE WELT ÜBERWUNDEN HAT." 1. JOH.5,4

Herbst ohne Ende, kahle Alleen, verwehtes Sommerglück. Die Bäume zu beiden Seiten der schnurgeraden Strassen wurden grün und dürr, grün und dürr. Man sagte, das geschah nach einem Rythmus. Mir aber schien, als wären die Äste allzulang dürr gewesen.

Mein Herbst. Merkwürdig! Ich hatte immer geglaubt, der Herbst gehöre mir. Er war das Einzige, was ich besaß; mein persönliches Eigentum. Ich wurde an einem Herbsttag geboren. Man kann glauben, die milde Herbstsonne hätte mir an dem Tag gelächelt.

Mein Herbst regierte überall. Neben meinem Dorf stand ein sehr großer Hügel. Von hier aus konnte man die ganze Landschaft sehen: die Nachbardörfer, die Felder und die hohen Bergen. Hinter diesem Hügel war ein alter Wald. Dieser Wald schien mir unendlich und außerdem auch sehr dunkel. Der Bach, der brausend dahinschoß, brachte Frische und Unruhe mit. Nur der Herbst zündete seine bunte Kerzen und lichtete diesen Wald. Sonst war er immer das Ende meines Lichtes gewesen.

Ich fühlte mich in diesem Herbst sehr wohl. Die Herbstsonne wies mir jeden Tag den Weg auf und ich hatte auch Gefährten: die bunten, ausgedörrten Blätter. Diese folgten mir überall. Sie raschelten auf dem Weg hinauf und hinab und wenn ich gut aufpasste, konnte ich ihre Geschichten verstehen. Die eine gehörte einer Eiche, die andere einer Buche. Aber alle hatten sich dem Herbstwind geschenkt.
Ich liebte diesen Wind sehr. Bei dessem kleinsten Geräusch, das ich um mich vernahm, horchte ich auf. Er erzählte mir über die herbstbedeckte Erde, die mir Reichtum und seelige Ruhe schenkte, und über ihren milden, sonnigen Tagen und die klaren, kühlen Nächte.

In jener Nacht aber war es anders. Etwas Fremdes stand zwischen mir und meiner Landschaft. Die Verbundenheit war aufgelöst. Ich fühlte mich wie von einem Ungeheuer gefolgt. Dieses wuchs an meinen Hügel heran und nicht einmal der Bach konnte es aufhalten. Der Herbstwind verbarg sich wie ein Feigling. Dieses Ungeheuer konnte ich überall fühlen, aber ich wagte es nicht, mich von meinem Platz auf dem Hügel zu bewegen. Der Morgen graute und ein dichter Nebel setzte sich auf die Erde.

Plötzlich ging die Sonne auf. Sehr, sehr schnell wurde Tag. Die Sonne ließ sich keine Zeit, um aufzugehen. Nun konnte ich nur ihre Strahlen und den Nebel sehen. Durch diesen drang ein seltsamer Lärm. Dieser hatte aber nichts Ähnliches mit dem Geräusch meines Herbstwindes, der durch die ausgedörrten Blätter blies, auch nichts Vergleichbares mit dem des fließenden Baches. Ich konnte dieses eigenartige Geräusch nicht unterscheiden. Da wurden meine Nasenlöcher von einem seltsamen Gestank gefühlt. Ich erstickte fast daran. Ein großer Schreck erfasste mich. Ich war nicht mehr fähig meinen Herbst zu sehen, zu hören oder zu riechen. Ich konnte ihn nicht fühlen. Wo war mein Herbst? Wo?

(Teil I - Text in 2002 geschrieben)

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